Die Reformkommission „Bau von Großprojekten“ des Bundesministeriums für Verkehr und Infrastruktur BVMI hat ihren Endbericht vorgelegt. Obwohl dieser umfangreiche Verbesserungspotenziale aufzeigt, hat er seine wichtigste Aufgabe nicht erfüllt: klare Handlungsempfehlungen an die Bundesregierung zu geben, wie die Probleme bei der Planung und Realisierung von öffentlichen Großprojekten beseitigt werden können. Die im Kommissionbericht genannten Ursachen für die Fehlentwicklung bei Großprojekten in Deutschland zeigen zwar umfassend die Symptome der Krankheit auf, allerdings fehlt eine klare Diagnose. Offen bleibt vor allem die Frage, wer konkret was zu tun hat.
Die in der GPM organisierten Projektmanager und Unternehmen der Projektwirtschaft haben ein großes Interesse daran, dass der gute Ruf des Projektmanagements in Deutschland nicht verspielt wird. Ein erfolgreiches Management öffentlicher Großprojekte ist wichtig für die internationale Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Deutschland. Daher hat die GPM Handlungsempfehlungen an die Bundesregierung in einem Brief des GPM Vorstandsvorsitzenden Reinhard Wagner an Bundesminister Alexander Dobrindt als Vorsitzenden der Reformkommission eingebracht:
Entscheidende Ursache für die Probleme großer öffentlicher Bauprojekte ist die fehlende Bündelung der Interessen und Kräfte der Projektbeteiligten auf gemeinsame Projektziele. Dies ist vor allem eine Frage der Governance von öffentlichen Projekten – also der Etablierung von klaren Prinzipien, Verantwortungsstrukturen, Projektbeauftragungsverfahren und einer förderlichen Projektkultur. Nur auf der Grundlage einer wirksamen Governance öffentlicher Projekte durch die öffentlichen Auftraggeber kann es eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit kooperativen Vertragsmodellen geben, die nicht zulasten der Steuerzahler geht. Der Fall des Berliner Großflughafens BER zeigt beispielhaft die Folgeschäden für das Gemeinwohl, wenn die Governance versagt.
Der entscheidende Punkt dabei: Auftraggeber müssen entsprechend ihrer Verantwortung kompetent und aktiv Einfluss nehmen. Die Fähigkeit, die eigenen Projekte zu beauftragen, zu steuern und zu führen, ist eine strategische und in wesentlichen Teilen nicht delegierbare Kernkompetenz der öffentlichen Hand. Die wichtigste Maßnahme zur Überwindung der Schwierigkeiten öffentlicher Projekte ist daher, die Führungskräfte der Verwaltung auf allen Ebenen künftig besser auf ihre Rolle in Projekten vorzubereiten.
Die zunehmende Komplexität öffentlicher Bauprojekte durch wachsende Anforderungen, Internationalisierung, technologische und gesellschaftliche Entwicklungen erfordert neue Antworten auf der Ebene des Projektmanagements und Programmmanagements. Die beschleunigte Entwicklung und Konvergenz der in Bauprojekten zum Einsatz kommenden Technologien und Fachgebiete erfordert einen fach- und ressort-übergreifenden Erfahrungsaustausch.
„Oft kommt die Unterzeichnung des Bauvertrages einer gegenseitigen Kriegserklärung gleich.“ Diese Einschätzung des ehem. Vizepräsidenten des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie Helmut Echterhoff macht deutlich, dass wesentliche Voraussetzungen für ein erfolgreiches Management von öffentlichen Bauprojekten oft von Anfang an nicht gegeben sind. Ausschreibungsverfahren und Bauvertrag orientieren sich nicht genügend an dem Ziel, diese Voraussetzungen zu schaffen. Der Kommissionsbericht fordert den Gesetzgeber unter anderem auf, „die vergaberechtlichen Grundlagen für die Anwendung kooperationsorientierter Vertragsmodelle zu schaffen“. Diese Grundlagen sollten aus Sicht der GPM allerdings auch für andere Branchen der Projektwirtschaft geschaffen werden, für deren Projekte kooperationsorientierte Vertragsmodelle ebenfalls erfolgskritisch sind.
Im Rahmen ihres Engagements als gemeinnütziger Verein wird die GPM weiterhin nachhaltige und konsequente Reformbestrebungen für den Erfolg öffentlicher Großprojekte unterstützen.
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