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Ein großes gesellschaftspolitisches Bildungsprojekt: Friedrich Schiller wollte den Menschen durch die Kunst erziehen, Natur und Vernunft in Einklang bringen - Lebenskunst als Voraussetzung der Weltgestaltung
Die Revolution in Frankreich hatte im Terror geendet; die Stimmung im Volk schwankte zwischen Ratlosigkeit und Aktivismus. Philosophen, Pädagogen, Gesellschaftstheoretiker und Dichter sahen jedoch die Gelegenheit, Kunst, Kultur, Staat und Gesellschaft neu zu ordnen und damit die Entwicklungsperspektive der Menschheit neu zu definieren. Wie konnte man die zunächst erkämpfte Freiheit und Selbstbestimmung wiedererlangen und letztlich auf Dauer sichern? Friedrich Schiller erhoffter in seinen 27 Briefen "Über die ästhetische Erziehung des Menschen", die er in der von ihm herausgegebenen Literaturzeitschrift "Die Horen" veröffentlichte, eine Lösung von der Kunst.
In seiner heute noch aktuellen Analyse der modernen Gesellschaft sah er die Entfremdung durch "Mechanismen des Zwanghaften". Reduziere man den Menschen auf nur wenige Aufgaben, erniedrige man ihn. Schiller glaubte an die Ideale von Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit. Die "ästhetische Erziehung" will die Zersplitterung der menschlichen Triebe in der Moderne aufheben. Das heißt für Schiller, auf ein bisher noch unerreichtes, harmonisches Ideal hinzuarbeiten - und das ohne Zwang. Wodurch kann das gelingen? Nur indem man sich der Schönheit zuwende. "Durch die Schönheit wird der sinnliche Mensch zur Form und zum Denken geleitet; durch die Schönheit wird der geistige Mensch zur Materie zurückgeführt und der Sinnenwelt wiedergegeben." Kunst als Instanz und Ästhetik als Haltung stellen somit für Schiller die einzige Möglichkeit dar, Gefühle mithilfe der Vernunft zu gestalten und so zwischen Natur und Vernunft zu vermitteln - und das auf spielerische Weise. Sie ermöglichen auf persönliches Glück und erfüllte Lebensführung und verändert dadurch auch die Gesellschaft ins Positive. Denn es ist "die Schönheit ..., durch welche man zur Freiheit wandert".